Authentisch und im eigenen Rhythmus mit seiner Umgebung

So lebt und fotografiert Carsten Schinke

Vor 14 Jahren fand der gebürtige Ostfriese Carsten Schinke mit seiner Frau ein Haus in Osthofen. Der gelernte Büchsenmacher findet seinen Ausgleich zur Arbeit in der Fotografie. Nachdem er aufgrund seiner Expertise 1990 das Buch „Die leichten schwedischen Infanteriegewehre – Armee und Heimwehr“ mit vielen Sachfotos im Journal-Verlag Schwend veröffentlichte, sind es heute Motive aus Natur und Tierwelt, die er bevorzugt. Unter dem Titel „Moment – hier und jetzt“ wird eine persönliche Auswahl des passionierten Fotografen ab Anfang Mai in Worms ausgestellt.

Vom 2. bis 31. Mai werden Sie Ihre erste Ausstellung mit Fotografien im WORMSER haben. Wie es dazu gekommen?

Das ist absolutes Neuland für mich. Von Berufswegen habe ich bereits Ausstellungen gemacht und wurde interviewt. Dieses ist etwas ganz anderes. Das WORMSER hatte eine Anzeige, dass für Künstler eine Bühne zur Verfügung gestellt wird, für die man sich bewerben kann. Ich dachte mir, ich probiere es mal mit meinen Fotos. Bekannte, die meine Bilder sahen, sagten auch schon: „Mach doch mal was draus.“ Zudem schreibe ich auch für Magazine und auch von denen wurden meine Bilder bisher ohne Beanstandung mit Kusshand genommen. Daher: no risc – no fun.

Doch vor der Ausstellung kam die Leidenschaft für das Fotografieren. Wo hat diese ihren Ursprung?

Ich habe seiner Zeit das Buch geschrieben, das geschichtlich und waffentechnisch ist. Als ich in Duisburg arbeitete, fiel mir auf, dass das eine Marktlücke ist. Für die Leute, die Waffen kauften, Waffensammler und Sportschützen, gab so gut wie keine Fachliteratur. Damals war ich beruflich weltweit unterwegs und durfte in viele Waffenarsenale. Zum Beispiel durfte ich im königlichen Armeemuseum in Stockholm im Keller stöbern. Damals musste ich, meine zeichnerischen Fähigkeiten waren nicht ausgeprägt, wenn ich Bilder haben wollte, mit einer analogen Kamera fotografieren. Damals bekam ich eine Minolta geschenkt. In diese musste ich mich erst einmal einarbeiten. Auch zum Thema: Wie fotografiert der Sammler. So ging das immer weiter. Von der technischen Fotografie kam ich zur Natur. Ich war viel draußen. Früher war ich auch Jäger. Nachdem ich auch für Magazine Artikel geschrieben und dafür auch Bilder gemacht hatte, lief die Waffenfotografie langsam aus. Heute sind das im Prinzip Landschaftsaufnahmen, Nachtaufnahmen – hier versuche ich mich Milchstraßenmäßig, Mond und Himmelskörper – und Natur und Vogelfotografie.

Fotografie bietet ja den Vorteil, dass man sich in verschiedenen Genres bewegen kann, wenn man sein Handwerk beherrscht. Doch was reizt Sie besonders an ihren bevorzugten Motiven?

Ich brauche meine Ruhe. Ich möchte meinen Workflow so gestalten, wie ich es für richtig halte – ohne Druck. Es ist durchaus nicht so, dass man draußen ist und bringt hundert tolle Bilder mit. Des[1]halb fotografiere ich auch selten Menschen. Ich habe auch schon auf Hochzeiten fotografiert. Aber ich fühle mich als rasender Reporter auf so etwas nicht wohl. Auch Tiere in Zoos reizen mich nicht. Diese Art der Fotografie in der freien Natur gefällt mir. Ich erinnere mich noch, wie wir in Irland zur Hirsch-Brunftzeit im Killarney Nationalpark waren. Wir hatten unsere Enkelkinder mit. Wir haben uns an die Hirsche herangepirscht. Respekt sollte man haben, aber es war alles kalkulierbar und die riesigen Tiere sehr beeindruckend. Vor allem auf diese kurze Distanz. Die Nachtfotografie wird nun immer mehr.

Braucht man für die Nachtfotografie spezielles Equipment?

Ja, hierfür muss man die Drehbewegung der Erde kompensieren. Das Ganze nennt man galaktische Montierung. Darauf wird die Kamera aufgebaut. Der Motor, der darin ist, bewegt sich genauso schnell wie die Erde sich dreht.

Haben Sie für die Fotografie Kurse besucht oder sich alles autodidaktisch beigebracht?

Ich habe ein paar Fachbücher zu diesem Thema. Mittlerweile habe ich doch das Internet für mich entdeckt und schaue mir Tutorials an.

Wie bearbeiten Sie Ihre Fotos, wenn sie von der Fotojagd nach Hause kommen? Ist alles rein digital?

Von Haus aus bin ich nicht der digitale Mensch. Aber ich muss damit arbeiten, wenn ich Tutorials anschaue. Ich muss mich damit beschäftigen, wenn ich Bilder bearbeite. Aber ich möchte davon auch wieder wegkommen. In Zukunft möchte ich mich wieder mehr mit der analogen Fotografie beschäftigen und möchte meine Filme selbst entwickeln vor dem Digitalisieren. Das heißt, ich entwickle die Negative und schicke sie ein, damit ich davon Fotos bekomme.

Woher kommt die Kreativität, die Sie für Ihre Motivsuche und Bearbeitung brauchen?

Ich habe mich früher nie um diese Form der Kreativität gekümmert. Früher habe ich Fotos abgeliefert, da musste die Belichtung stimmen. Konnte man alles sehen? Ja. Gut. Auf Ästhetik musste ich nicht achten. Heute ist das anders. Es war ein Umdenkprozess, um die Schönheit in der Natur zu erkennen und Motive zu sehen. Das war mir nicht in die Wiege gelegt. Als Kind war es ein Traum von mir, einen eigenen Schreibtisch zu besitzen. Um daran zu sitzen und vielleicht auch ein Bild zu beschreiben. Das ist erst in den letzten Jahren gewachsen. Vorher war ich der Rechner, der Mechaniker. Es gab da nicht diese künstlerische Ader. Diese kam erst in den letzten Jahren und wird immer mehr. Ich war sehr oft von zu Hause weg. Wenn man dann heimkommt, möchte man Zeit mit der Familie verbringen. Ich hatte daher nicht die Muse dazu. Erst seitdem ich gänzlich etwas anderes mache, habe ich ein geregeltes Leben und kann planen, was ich am nächsten Tag machen möchte.

Nun steht die Ausstellung im WORMSER bevor. Was erwartet den Besucher dort? Fotos auf Leinwand?

Nein, das nicht. Ich habe eine Einheitsgröße bis auf drei von 22 Bildern. Ich wollte, dass es eine einheitliche Front ist. Deshalb auch die gleichen Rahmen. Das gefiel mir vom optischen Aspekt. Wir haben uns andere Ausstellungen dort angesehen. Es ist eine ganz tolle Bühne. Man hat eine lange durchgehende Wand. Man geht zwei, drei Stufen hoch und kann sich dort auf Bänke setzen. Ich werde die Bilder selbst anordnen und aufhängen. Es ist schon alles verpackt mit Werkzeugen. Falls etwas kaputt gehen sollte, kann ich es gleich reparieren. Da bin ich ein Pedant.

Wie sieht es mit den Preisen der ausgestellten Werke aus? Ich stelle es mir sehr schwierig vor, welche festzulegen.

Das ist bei uns eine never ending Story. Ich weiß nicht, was so etwas wert ist und ich habe Hemmungen, einen Preis zu verlangen. Ist es denn einem anderen auch so viel wert? Das ist sehr schwierig für mich. Wenn nun jemand ein Bild von mir haben möchte, kann er das gerne haben. Allerdings nicht mit dem Rahmen. Wenn er es gerahmt haben möchte, würde ich den in gewünschter Farbe dazukaufen. Wenn mich einer anspricht, dann kann ich etwas dazu sagen. Ich kann aber nicht einfach hingehen und sagen: „So viel möchte ich.“ Ich würde mich nicht gut damit fühlen.

Ich wünsche Ihnen viele interessierte Besucher der Ausstellung und mehr als eine Bekundung, eines Ihrer Bilder kaufen zu wollen. Vielen lieben Dank für das Gespräch.

Text: © Sissi Steuerwald
Bilder: © Carsten Schinke