Bekannte Rebsorten, die jeder kennt und unbekannte Weine, die unsere Vorfahren getrunken haben

Die größte Rebschule in Rheinhessen sitzt bei uns im schönen Wonnegau. Genauer zwischen Abenheim und Gundheim. Neben den klassischen, bekannten Rebsorten hat Ulrich Martin außerdem ganz besondere Schätze im Angebot.

Da der südliche Wonnegau bekannt ist für seine hohe Fruchtbarkeit, ist er ein idealer Standort für eine Rebschule. Nicht nur Winzer gehören zu den Kunden der Rebschule Martin, auch Gartencenter und Baumschulen bekommen spezielle Rebsorten, die man perfekt in den Garten zum Naschen der Trauben pflanzen kann. Die meisten Kunden von Ulrich Martin sind jedoch die Winzer aus der Region, die die Nähe zu schätzen wissen und auf die Expertise des Fachmanns bauen. Neben den traditionellen Rebsorten wie dem Riesling, Neuzüchtungen wie der Huxelrebe, internationalen Sorten wie dem Sauvignon Blanc oder den neuen Pilzwiderständigen (PiWi) Sorten – die man jedoch Alle in jeder gewöhnlichen Rebschule kaufen kann – hat Ulrich Martin noch ein weiteres ganz besonderes Angebot, das er als Leidenschaft neben seinem Hauptgeschäft betreibt: die historischen Rebsorten. Vor 20 Jahren hätte man noch nicht gewusst, dass es sie noch gibt und auch für die meisten Weinkenner sind die Namen unbekannt. Dabei sind diese besonderen Sorten ein Spiegel unserer Vergangenheit.

Andreas Jung

Gut 350 vergessene Rebsorten wurden bei einer staatlich finanzierten Suche zwischen 2007 und 2010 in ganz Deutschland wiederentdeckt. Mit jahrzehntelanger Vorarbeit begann Andreas Jung, Geobotaniker, Völkerkundler und Ampelograph, mit dem Forschungsprojekt, seltene, historische Rebsorten wiederzuentdecken. Dabei brauchte der Wissenschaftler die Hilfe von Rebschulen, damit die wertvollen Schätze vermehrt werden können. Die Vermehrung bei einer Rebschule geschieht dabei nicht generativ, also mittels geschlechtlicher Fortpflanzung, sondern vegetativ. Das heißt, dass ein einzelner Rebstock ausreicht, um die Sorte zu vermehren und wieder kultivieren zu können. So fand Ulrich Martin mit seiner Rebschule in Gundheim seinen Weg zu Andreas Jung und die beiden Rebenliebhaber wurden Partner im Projekt „Historische Rebsorten“.

Mit den historischen Rebsorten werden die Vorfahren und Verwandten, der uns heute bekannten Weine wiederentdeckt und erforscht. Manche 5.000, andere 8.000 Jahre alt. Sie erlauben einen ersten neugierigen Blick in eine alte, noch unbekannte Weinwelt. Die Weine belgleiten die Menschen bereits, seit sie sesshaft geworden sind und wurden Teil unserer Kultur und Religion. Es stellt sich die Frage, was die historischen Weine so besonders macht, dass sie von unseren Vorfahren jahrtausendelang kultiviert wurden.

Grünfränkisch

Mit dem Fundus an historischen Rebsorten steht eine neue Geschmacksvielfalt und genetische Breite zur Verfügung. „Das ist auch züchterisch extrem spannend“, weiß Ulrich Martin, denn nach den Weltkriegen gab es in Deutschland nur noch einen geringen genetischen Pool und wenige Rebsorten. „Jetzt gibt es ganz neue Möglichkeiten für die Züchtung.“ Die alten Rebsorten bieten nicht nur mehr Wissen über den Wein und die Kultur, sondern auch Biodiversität, Vielfalt, verschiedene Geschmacksrichtungen, die Sicherung des Fortbestandes des Weinbaus und einen Rahmen für den Klimawandel, da sie bereits klimaerprobt sind und die Selektion von Mutter Natur überstanden haben. Über den langen Zeitraum von über 5.000 Jahren, haben die alten Rebsorten so einige Klimaschwankungen miterlebt und können so auch gut mit ihrer Zukunft umgehen.

Neben dem Pflanzgut möchte Ulrich Martin die Rebsorten auch erlebbar machen. Daher baut er selbst einige Sorten aus. Das besondere hieran ist, dass die Sorten von unseren Vorfahren nicht sortenrein getrunken wurden. Wer also einen Schwarzblauen Riesling oder Grünfränkisch das erste Mal trinkt, gehört zu sehr wenigen Menschen, die dieses Erlebnis bisher haben durften. Durch den Genuss dieser Weine kann jeder zum Rebenretter werden und so dafür sorgen, dass die seltenen Sorten weiterhin kultiviert werden.

Ulrich Martin im Weinkeller

Für alle, die sich nun selbst einen Eindruck von den historischen Rebsorten machen und sich in eine unbekannte Weinwelt wagen möchten, empfiehlt Ulrich Martin einen Grünfränkisch Weißwein als idealen Sommerwein. Bereits im 16. Jahrhundert wurde der Grünfränkisch für die Südpfalz erwähnt. Die Historie der wertvollen Rebsorte geht zurück in die Antike und fand über die Nordungarn ihre Heimat am Rhein. Die 300 Jahre alte Sortenbeschreibung lässt ableiten, dass nicht der Riesling, sondern Grünfränkisch ein „Bestandteil“ der damals weltbekannten Wormser Liebfrauenmilch war.

Wer noch tiefer in die Geschichte eintauchen möchte, kann einen Einblick in die Vorfahren unserer Weine mit dem 3-er Paket „Sommerzeit“ bekommen. Mit dem 2022er Blauen Muskateller Vin Mousseux Rosé und seinen frischen Perlchen, einem fruchtigen 2022er Schwarzblauer Riesling Roséwein und einem lebendigen er Grünfränkisch Weißwein ist man auf jede laue Sommernacht optimal vorbereitet. Die Weine und Pakete können unter www.shop.historische-rebsorten.de bestellt werden.

Mehr fundiertes Weinwissen erfährt man im Podcast von Ulrich Martin und Andreas Jung „Historische Rebsorten – Der Podcast“. In mittlerweile 14 Folgen des etwas anderen Podcast für Weinliebhaber unterhalten sich die beiden Experten über neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Rahmen der Erforschung seltener, wertvoller und wiederentdeckter Rebsorten. Dabei erläutern sie unter anderem, wieso davon ausgegangen wird, dass nicht die Römer den Wein gebracht haben, sondern chinesische Völker, die nach Vorderasien gewandert sind. Aber auch viele spannende Infos über die einzelnen Sorten, erfährt man beim Reinhören über die Webseite www.historische-rebsorten.de, Spotify, Apple und einige weitere Podcast-Anbieter.

Text: © Jessica Bömicke
Bilder: © Jessica Bömicke, Rebschule Martin