Die herkömmliche Bewerbung und die Kontaktaufnahme mit potenziellen Arbeitgebern verlaufen heutzutage oft über berufliche Netzwerke wie LinkedIn oder XING. Um die volle Bandbreite ihrer Funktionen nutzen zu können, ist eine kostenpflichtige Mitgliedschaft erforderlich. In welchen Fällen Sie die Ausgaben für diese Plattformen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben steuerlich geltend machen können, erläutern wir nachfolgend:

Werbungskosten vs. Kosten der Persönlichkeitsentwicklung

Zunächst einmal ist es wichtig zu beachten, dass der steuerliche Abzug nicht automatisch gewährt wird, sondern gegenüber dem Finanzamt begründet werden muss. Dies liegt daran, dass LinkedIn oder XING nicht nur als reine Stellenvermittlungs-Portale angesehen werden. Sie fungieren vielmehr als moderne soziale Netzwerke im beruflichen Kontext, die auch Informationen über Soft Skills, Diskussionen zu allgemeinen politischen und branchenspezifischen Themen sowie den sozialen Austausch mit Kollegen und der gesamten Branche ermöglichen.

Fortbildungskosten, die der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung dienen, sind jedoch nicht abzugsfähige Lebensführungskosten (§ 12 Nr. 1 EStG). Fortbildungen, die auch der Persönlichkeitsentwicklung dienen, können steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn die Kurse auf die individuellen beruflichen Anforderungen des Steuerpflichtigen zugeschnitten sind. Anzeichen für die berufliche Veranlassung sind:

  • die Teilnahme an Kursen mit Gleichgesinnten und
  • die Vermittlung von Kenntnissen, die unmittelbar in der beruflichen Tätigkeit angewendet werden können (Urteil des BFH vom 28.08.2008, Az. VI R 44/04, Abruf-Nr. 083380).

Hier sind einige günstige Szenarien, die für einen steuerlichen Abzug sprechen:

Szenario 1: Arbeitgeberwechsel

Sie können die Nutzungsgebühren als Werbungskosten in voller Höhe absetzen, wenn Sie im gleichen Kalenderjahr den Arbeitgeber gewechselt haben oder wenn Sie über berufliche Netzwerke Gespräche mit Headhuntern oder potenziellen neuen Arbeitgebern geführt haben.

Szenario 2: Corporate Influencer

Der steuerliche Abzug ist auch möglich, wenn Sie sich in den Netzwerken aktiv für die Außenwirkung Ihres Arbeitgebers einsetzen, indem Sie über Ihre berufliche Tätigkeit berichten, potenzielle Bewerber informieren und auf offene Stellen hinweisen (sog. „Corporate Influencer“). Dies gilt unabhängig davon, ob diese werbende Tätigkeit explizit mit dem Arbeitgeber vereinbart wurde.

Szenario 3: Bewerbung eigener Dienstleistungen

Ein weiteres Argument gegenüber dem Finanzamt kann die Nutzung der Berufsnetzwerke zur Bewerbung eigener Dienstleistungen sein. Wenn Sie abgeschlossene Projekte bei Kunden teilen, eigene Veröffentlichungen, Vorträge und ähnliche Aktivitäten mit Ihren Kontakten teilen, handelt es sich bei den Nutzungsgebühren um abzugsfähige Betriebsausgaben.

Szenario 4: Kostenaufteilung

Wenn Sie dem Finanzamt nicht konkret darlegen können, wie Sie die Netzwerke beruflich genutzt haben, bleibt nur die Möglichkeit, die Kosten in berufliche und private Anteile aufzuteilen. Das Fehlen eines konkreten Aufteilungsmaßstabs könnte zwar den teilweisen Abzug behindern, aber in Einzelfällen kann der berufliche Anteil pauschal auf 50 Prozent geschätzt und als Werbungskosten abgezogen werden.

FAZIT Die Gebühren für berufliche Netzwerke können in der Regel als Werbungskosten geltend gemacht werden. Angesichts ihrer Ähnlichkeit zu privaten Social-Media-Netzwerken und den nicht abzugsfähigen Kosten der Persönlichkeitsentwicklung sollten Sie jedoch eine überzeugende Begründung für den Abzug gegenüber dem Finanzamt vorlegen können.

 

Text: M. Sc. Nicolas Rica, Steuerberater, Geschäftsführer, Fachberater für die Umstrukturierung von Unternehmen (IFU/ISM gGmbH) – HSP STEUER Worms GmbH & Co. KG