… weil Sport nicht alles ist

Die Mettenheimer Freitagsturner feierten 2021 ihr 50-jähriges Bestehen. Wie der Name schon impliziert treffen sich die Männer im Alter von 20 bis 80 jeden Freitag zu ihrer Turnstunde, bei der sie vorwiegend Prellball spielen. Was jedoch nicht zur kurz kommen darf ist die Kameradschaft. Nach dem Training sitzen sie noch zusammen, gönnen sich einen kühlen Schluck und besprechen nicht selten ihr nächstes Projekt oder das nächste Turnfest. Seit 1968 nehmen sie alle vier Jahre am Internationalen deutschem Turnfest teil. Das einzig noch lebende Gründungsmitglied Hermann Balder hat bisher an 18 davon teilgenommen. Uwe Spanier belegte beim vergangenen Internationalen deutschem Turnfest den ersten Platz in der Disziplin Wahlvierkampf.

Für die Freitagsturner ist neben dem Sport das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde sehr wichtig. Hier wird nicht nur angepackt, sondern auch gespendet. Von Beginn an, war die Abteilung des TV Mettenheim eine tragende Säule im Verein. Dort, wo Hände gebraucht wurden, waren und sind die Freitagsturner da. Dies beschränkt sich nicht nur auf den Turnverein. Seit 1996 treten sie auf den Fastnachtsitzungen auf, beteiligen sich am Fastnachtsumzug und unterstützen die Gemeinde bei Festlichkeiten. Hier blicken sie besonders gerne auf das Mettenheimer Bierfest Jubiläum zurück, das zum 60. Jahrestag des großen Pabst-Brauerei Bierfest im September 2018 gefeiert wurde. Schon sehr früh nutzten die Freitagsturner ihre Möglichkeiten, um Geld einzunehmen, wie auch der Suppenverkauf am Weihnachtsmarkt. Wer jetzt denkt, dass die Männer hier Summen anhäufen, um ihrer Geselligkeit zu frönen, der irrt sich. Das Wohle anderer und ihre Heimat steht neben dem Sport und der Kameradschaft immer im Fokus. Zu Beginn wurden Beiträge für Organisationen, wie „Ein Herz für Kinder“, das Wormser Tierheim oder „Aktion Sorgenkind“ gespendet. Dann kam die Idee, dass man selbst Projekte in Mettenheim umsetzen könnte.

Eine Mammutaufgabe hier war das Öffnen und Sanieren der Grafengruft unter der Kirche, die verschüttet war. Auch wenn es das Mettenheimer Schloss nicht mehr gibt, so doch die Grabstätte von Graf Kasimir und seiner Familie. Durch ein Loch in der Wand wurde auf einer Stange eine Kamera reingeschoben, um zu sehen, ob diese überhaupt zu retten war. Steine, Eisen, Holz und Knochen lagen wirr umher, doch die Gruft selbst war in einem guten Zustand, so dass eine Sanierung in Erwägung gezogen werden konnte.

Gerade hier zeigte sich, dass man nur gemeinsam etwas Großes erreichen kann. Kirchen- und Ortsgemeinde waren ebenso involviert, wie die Freitagsturner. Genehmigungen mussten eingeholt werden, Pläne erstellt und ein Konzept erarbeitet werden. Denn der ehemalige direkte Zugang durch das Kirchenschiff konnte nicht mehr umgesetzt werden, daher gibt es heute eine Außentreppe, die zu einem neuen Zugang führt. Finanziell war es für die Ortsgemeinde schwierig dieses Projekt zu unterstützen, doch die Gemeindearbeiter wurden zur Verfügung gestellt. Gemeinsam mit Freiwilligen, Rentnern und den Freitagsturnern wurde die Gruft geöffnet, alles darin entfernt und sortiert, so dass die Gebeine heute wieder ordentlich in der sanierten Grafengruft ihre letzte Ruhestätte haben und von der ehemaligen Bedeutung Mettenheims zeugen. Gerade im Sommer erfreuen sich viele Radfahrer und Wanderer an der Radlerrast am Fahrradweg zwischen Mettenheim und Als- Aus der Vereinswelt heim. Als der Lutherweg eingeweiht wurde, der einen Teil entlang des Radweges verläuft, pflanzten die Freitagsturner an die Seite als Symbol eine weiße Lutherrose. Es ist eines jener Projekte, die die Freitagsturner immer wieder beschäftigt, denn nun zieren unschöne Graffitis die Radhütte. Ein Zustand, den die Männergruppe ändern möchte.

2014 wurde der „Odenwaldblick“ eingeweiht. Hier wurde am Rheinterrassenweg ein Weinbergshäuschen um eine Aussichtsplattform erweitert. Dieses liegt am Rheinterrassenweg, der zwischen Worms und Mainz verläuft, und bietet bei schlechtem Wetter Unterstand für die Wanderer. Mittels „Guckrohre“ konnten Bilder: © Christian Stautz Wonnegauer Magazin 33 sowohl die Nachbargemeinden als auch die bis zu 30 Kilometer entfernte Ziele im Odenwald bei gutem Wetter hervorragend gesehen werden. Es dauerte keine vier Wochen und alle waren über Nacht verschwunden. Doch die Freitagsturner ließen sich nicht entmutigen. Es wurde ein neues Fernrohr aus Edelstahl gekauft und installiert. Es sollte nur wenige Monate genutzt werden, bevor dieses dem Vandalismus zum Opfer fiel. Heute dürfen all jene, die dort Rast machen, auf einer Tafel schauen, was sie ihnen der Ausblick schenkt.

Ortsgeschichte und -ästhetik sind immer wieder Themen bei der Planung neuer Projekte. So wurde ein alter Röhrenbrunnen aus den 30er Jahren renoviert. Informationstafeln zu historischen Gebäuden wurden gestaltet und angebracht und der alte Friedhof wurde sauber gemacht. Im Reformationsjahr wurde im Herrngarten zum Speisen wie vor 500 Jahren eingeladen. Hans- Jürgen Winter gab einen Einblick über die Herrschaftsverhältnisse in Mettenheim und berichtete von weiteren Fakten des Ortes zu Luthers Zeiten, die er in Chroniken recherchiert hatte. Ein „Lutherwein“ wurde zudem zu diesem Anlass abgefüllt und verkauft. Von dem Erlös dieses Festes wurde eine große Info-Tafel auf dem historischen Friedhof angeschafft, die Besuchern anzeigt, wo welcher Urahn liegt. Besucher aus der ganzen Welt kamen bereits nach Mettenheim, um nicht nur virtuell ihrem Stammbaum näher zu sein. Für jene ist dieser Lageplan eine große Hilfe.

Weitere Aktionen und Projekte sind in Planung. So ein großes ehrenamtliches Engagement verdient zurecht Lob. Dieser Meinung war auch 2010 der damalige Ministerpräsident Kurt Beck, der die Freitagsturner in diesem Jahr zum Ehrenamtstag nach Kirchheimbolanden einlud und ihre Arbeit dort in hervorragender Weise würdigte. Übungsleiter Fred Helwig ist stolz auf seine Freitagsturner. Um die Kameradschaft und den Einsatz seiner Gruppe wird er von vielen beneidet. Männer, die nun Lust bekommen haben, die Freitagsturner kennenzulernen und womöglich ein Teil zu werden, ist herzlich eingeladen freitags ins Training zu kommen. Es gibt übrigens auch Nichtmettenheimer, die ebenfalls herzlich willkommen sind. Wir danken Hans-Jürgen Winter für das ausführliche Gespräch und die bereitgestellten Unterlagen und wünschen den Freitagsturnern weiterhin viel Elan und Freude bei Prellball, Geselligkeit und Umsetzung ihrer Projekte.

Text: Sissi Steuerwald

Bild: Christian Stautz