Wonnegauer Magazin März/April 2024

Wonnegauer Magazin 21 eine rheinhessische Kuhkapelle gehörte. Diese war in einem ganz erbärmlichen Zustand: gestampfter Lehmboden, mit den Überresten, die die Kühe jahrhundertelang hinterlassen haben, teilweise beschädigt. Ich habe mich sofort in diesen Raum verliebt. Nachdem das Wohnhaus, Büro und Lager fertig waren, habe ich 2017 mit der Sanierung des Gewölbes angefangen – größtenteils in Eigenleistung. Es lief wirklich zwei Jahre mit sehr viel Liebe als Hobbyprojekt. Manchmal war es ganz gut, wenn ich von der Bühne runter war, etwas zum Erden zu haben. Da ist das Handwerkliche wirklich sehr gut. Außerdem hatte ich so keinen Zeitdruck. 2019 ist die Kuhkapelle fertig geworden und wurde im Herbst desselben Jahres eingeweiht. Tja, und dann kam Corona. Damit war es erst einmal nicht mehr möglich, Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Wie ging es mit dem „Zaubergewölbe“ weiter? Nein, es fand erst einmal keine Veranstaltung statt, obwohl eine große Veranstaltungsreihe in 2020 geplant war. 2021 haben wir ein Open Air im Hof gemacht und 2022 hatten wir die erste, richtige Saison im Gewölbe. Und letztes Jahr war normaler Spielstättenbetrieb. Und jetzt geht es munter weiter. Es hat sich bereits im letzten Jahr vom kleinen Geheimtipp zum Dauerbrenner etabliert. Wir haben Stammkunden, die wirklich jede Veranstaltung besuchen. Außerdem gibt es viele, die wirklich aus der Region kommen. Wir haben auch Gäste, die von weiter herfahren. Dass so viele aus der Nachbarschaft oder den umliegenden Dörfern kommen, ist nicht ganz selbstverständlich, da doch viele lieber nach Frankfurt oder Mannheim oder andere Städte fahren. Wie kam die Idee, aus einer Kuhkapelle eine Bühne für Zauberer entstehen zu lassen – gerade, weil Ober-Flörsheim vielen von weiter weg gar kein Begriff ist? Die Idee dahinter ist auch eigentlich eine verrückte. Als ich damals in dem Gewölbe drinstand und dachte: Das muss ich wiederbeleben, war mir schnell klar, dass es zum einen nichts ist, womit man Geld verdienen kann, und zum anderen, dass ich meine gesamte Zeit nicht komplett verwenden kann, da ich noch viele andere Projekte habe. Deshalb war ich mir bewusst, dass dies ein Liebhaberprojekt werden würde. Aus der Überlegung: Mach ich vielleicht eine Kleinstkunstbühne mit unterschiedlichen Kunstformen, wurde: Es wird eine Zauberbühne. Das hat den Grund darin, dass ich ganz liebe Kollegen aus der Zauberwelt habe, die sonst nur auf großen Bühnen auftreten, und die ich in eine nette Weinbauregion zu mir nach Hause locken kann, um ein schönes Wochenende miteinander zu verbringen. Und bei diesem Besuch treten sie eben auch auf. So ist das Konzept. Ich lade ausschließlich ganz, ganz tolle Kollegen ein, mit denen ich auch freundschaftlich verbunden bin. Diese sind auch wirklich in der deutschen und internationalen Zauberszene anerkannt und renommiert. Trotzdem ist es sicherlich nicht unbedingt lukrativ, statt auf einer Weltbühne im urigen-kleinen „Zaubergewölbe“ aufzutreten. Die Kollegen kommen trotzdem sehr gerne. Was ist das Geheimnis? Wir freuen uns einfach, ein schönes Wochenende miteinander zu verbringen, nach der Vorstellung in meinem Garten zu sitzen und einen leckeren Wein zu trinken. Und sie freuen sich mittlerweile auch sehr auf das Gewölbe, weil sich herumgesprochen hat, dass es eine ganz besondere Atmosphäre hat. Es ist halt eben hautnah. Wir haben 65 Sitzplätze. Die Bühne ist gerade mal drei Meter breit und zwei fünfzig tief. Die Zuschauer sitzen unmittelbar dran. Das ist für einen Zauberer auch eine Herausforderung. Man sieht viel mehr. Das ist immer sehr lustig, wenn die Kollegen fragen: „Gibt es auch eine Beschallung?“ Ich sage dann: „Ja, natürlich. Es gibt eine Beschallung und Beleuchtung – alles hochmodern.“ Wenn sie dann als nächstes fragen, ob ich auch ein Headset-Mikro habe. Sag ich auch: „Natürlich, habe ich da. Das braucht ihr aber nicht.“ Da realisieren sie das erste Mal, dass es etwas anders wird als normalerweise. Dadurch entsteht aber so eine Wohnzimmeratmosphäre, die es sehr intensiv macht. Ich trete ja auch bei mir im Gewölbe auf und spüre selbst, wie besonders es das macht. Zauberei entsteht ja eigentlich zwischen dem Zauberer und dem Zuschauer in einem nicht greifbaren Raum. Das merken die Zuschauer und das merken die Künstler auf der Bühne – dadurch wird jeder Abend sehr intensiv und sehr besonders. Das Besondere lebt aber auch davon, dass es nicht jede Woche fast jeden Abend eine Veranstaltung gibt. Exakt. Es sind wirklich zwei ganz ausgewählte Tage pro Monat von Mai bis September. Das ist so ein bisschen die Zeit, wo wir nicht mit den Dinnershows so stark unterwegs sind. Da ist es ein kleinbisschen ruhiger. Aber es soll eben auch eine ganz besondere Veranstaltung bleiben. Dafür sorgt auch, dass die Gäste dann bei mir zuhause sind, auf unserem Hof und Grundstück. Wir haben Stehtische in unserem schönen mediterranen Innenhof. Weshalb es viele genießen, auch schon eine Stunde früher zu kommen und bei einem Gläschen Wein zu quatschen. Bild: © Marc Braner Photography Bild: © Lauktien & friends Fabian Kelly Thomas Otto

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